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Minderheiten im Romen? Warum nicht!?


Es gibt Themen, über die will niemand schreiben, weil sie Angst haben, hinterher mit Hasskommentaren konfrontiert zu werden. Und es gibt Themen, die werden aus verschiedenen Gründen einfach an den Rand geschoben, in der Hoffnung, man möge sie vergessen. 
Minderheiten und Randgruppen gehören definitiv zu diesen Themen. 
Was bedeutet das für uns Autoren? Wir sind eine ganz eigene Spezies Mensch. Wir gehören zu den Künstlern, wir erschaffen etwas, um anderen etwas zu präsentieren. Und in diesem Prozess ist man mit einer Fragestellung konfrontiert, die viele aus reiner Panik an Kritik unter den Tisch fallen lassen: Können bzw. dürfen wir über Minderheiten schreiben? 
Die Antwort dafür liegt für mich auf der Hand: Natürlich dürfen wir das. 
Aber es ist dennoch Vorsicht geboten. 
Geht man als Autor an ein kritisches Thema heran, muss man wissen, auf was man sich einlässt. Das heißt, dass es unerlässlich ist, sich intensivst mit der Materie auseinanderzusetzen. 

Als erstes: 
Was sind Minderheiten? Grob unterteilt sollte es wie folgt aussehen:
Es gibt die „Ethnischen Minderheiten“. Darunter versteht man diejenigen Volkgruppen die in einem Staat leben, in dem eine andere Volksgruppe die Mehrheit bildet. Das heißt, dass sich eine vergleichbar kleine Gruppe Menschen durch Sprache, Religion und Kultur von dem Großteil der Bevölkerung unterscheiden.
„Sprachliche Minderheiten“ sind keine ethischen oder nationalen Minderheiten. Sie unterscheiden sich lediglich in Bezug auf ihre Sprache von dem Großteil der Bevölkerung. Darunter fallen bspw. die Gebärdensprachler aber auch frankophone Bewohner der Schweiz.
Weiter geht es mit der „Religiösen Minderheit“, das sind unter anderen die Protestanten in Frankreich oder die Muslime in Europa und Indien, aber auch Christen in China (und so weiter).
Das, woran viele sicherlich als erstes denken, sind die „Minderheiten sozialer Schichten“, wie Obdachlose, Arbeitslose, Sinti und Roma oder finanziell ärmere Menschen. Und dann sind da noch die „Minderheiten sexueller Orientierungen oder Geschlechtsidentität“, darunter fallen Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle und so weiter.

Entschließt man sich, über eine Minderheit zu schreiben, oder sie einzubauen, ist gute Recherche alles. Auch das Sprechen mit Betroffenen kann dem Geschriebenen helfen.

Ich für meinen Teil schreibe ständig über Minderheiten, da ich im Bereich Gayromance schreibe. Und es ist weit mehr als nur die Liebe zwischen zwei Typen (oder zwei Frauen, you get my point). Es ist nicht nur das Coming Out (was ich im Übrigen nicht mehr lesen kann, weil overused). Es ist auch die Familie. Der Sex. Der Umgang miteinander. Inne Konflikte im Alltag, Gedanken und Ängste. Nicht nur VOR dem Comingout, sondern ständig. Ich habe mit vielen Leuten darüber gesprochen, habe meine Recherche in die Tiefen von Foren getrieben und vor allem aber geguckt, dass es realistisch bleibt.
Nicht jeder Schwule steht auf Rosa, nicht jeder Schwule spricht nasal und ist „tuckig“ – um jetzt mit dem Extrem aufzuwarten. Nicht jede Lesbe hat kurze Haare, arbeitet auf dem Bau und hasst Männer. Das sind Klischees, die auf die wenigsten Personen wirklich zutreffen.
Das gilt übrigens für alle Minderheiten. Es gibt Klischees, die irgendwer irgendwann etablierte, die aber kaum die Personen beschreiben. Jeder Mensch ist anders, niemand ist gleich. Das sollte man sich vor Augen halten.
Ich habe auch aktuell eine Geschichte mit einem Transmann, die ich aber noch nicht veröffentlichen möchte, weil das Thema unter anderem auch sehr persönlich ist. In dem Kontext sind es eigene Erfahrungen, die ich in den Text einfließen lassen kann, weil ich mit den Gedankengängen und den Ängsten vertraut bin, die transsexuelle Personen haben.
Betrachten wir die ethischen Minderheiten, von denen ich hin und wieder auch einige in meine Storys einbaue, denn wir leben in einer Welt, die nicht nur schwarz weiß ist. Für meine Story „Mitternachtsprinz“ habe ich hunderte von Dokumentationen und Filmen mit schwarzen Schauspielern und Regisseuren gesehen (letzteres, weil es die Authentizität des Dargestellten erhöht). Ich habe mir angehört, wie afroamerikanische junge Männer miteinander reden, habe mir die Polizeiberichte im Internet durchgelesen, wenn es zu Kriminalstatistiken geht (weil ich eben nicht zu sehr ins Klischee gehen wollte). Es ist unglaublich viel Arbeit, sich mit Minderheiten zu beschäftigen und keine zu groben Fehler zu machen, weil man eben doch nicht mit allem vertraut sein kann.
Sicher werden Stimmen laut: Das hat ein weißer Autor geschrieben, wie kann man sich anmaßen, etwas über schwarze oder eine andere Kultur zu wissen?
Was mir auch vermehrt aufgefallen ist, dass es immer heißt, Weiße wüssten nichts über Rassismus und sie müssten belehrt werden. Hier wird auch wieder alles in einen Topf geworfen. Jeder ist gleich und mach dieselben Fehler, nur weil er eine Hautfarbe mit jemanden teilt, der Mist gebaut hat.
Von diesem Vorurteil müssten wir uns lösen. Dringend. Warum sieht man einander nicht einfach als Mensch? Sicher, ist es schwer, darüber zu schreiben und ich überlege bei jeder Formulierung dreimal, ob ich die so nutzen kann. Schwarze, Afroamerikaner etc. sind laut DWDS nutzbar. Worte wie „Maximalpigmentierter“ würde ich hingegen meiden, weil ihnen meiner Meinung nach etwas Abwertendes anhaftet.

Minderheiten in seinen Romanen zu verwenden ist kein Problem. Es kommt auf die Darstellung und ihren Zweck an. Wir leben in einer globalisierten Welt. In meiner Stadt leben so viele Menschen verschiedener Hautfarben – vom geflüchteten Syrer über den alten Türken, den ich seit Ewigkeiten kenne, hin zu einem Afrikaner, wir haben Vietnamesen, Chinesen, Thailänder (sogar einen ganzen Tempel) und natürlich die Deutschen. Ich habe mit Amerikanern verschiedener Hautfarbe, Indern und Engländern zusammen in der Mensa der Uni gesessen. Man begegnet so vielen Leuten – wir sind nicht einfach nur die „Deutschen“ und die „Türken“ oder „Afrikaner“ oder der „Schwule“ und der „Hetero“. Es ist mehr als das.
Was man aber auf keinen Fall tun sollte, ist sich von Klischees leiten zu lassen. Nicht nur, weil es die Story killt, die ihr erzählen wollt (niemand hat Bock auf ausgelutschte Klischees, ehrlich). Nehmt euch nicht die Chance, etwas Wunderbares, etwas Buntes zu schreiben, weil ihr selbst die Recherche nicht mögt. Minderheiten darzustellen (richtig darzustellen) ist eine Herausforderung und grade in der Fiktion eine Sache, die nicht immer gelingt. Sicher, jeder kann seine eigene Kultur, Religion und Sprache am besten beschreiben. Aber das sollte andere nicht davon abhalten, es auch zu tun. Abgesehen davon lernt man mit jeder „Herausforderung“ etwas.
  

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