Viele denken, es ist einfach, ein Buch zu schreiben. Wenn
man schon hört „Es ist doch keine Arbeit“ oder „Oh du bist Autor! Das muss
entspannend sein“ oder „Und mit Nichtstun kann man Geld verdienen?“ kommt einem
das Mittagessen doch wieder hoch, oder?
Leute, die solche Dinge sagen, sind wie Menschen, die
behaupten, ein Studium wäre einfach und wir würden uns ohnehin nur die Birne
wegkiffen und saufen – um es mal auf den Punkt herunterzubrechen. Aber das
Schreiben ist, wie viele von meinen Autorenkollegen sicherlich nur bestätigen
können, alles, nur nicht einfach. Denn, blicken wir der Tatsache tief in die
Augen:
Am Anfang ist die
Idee.
Sie ist da, sie geht nicht mehr weg, sie ist wie ein
Parasit. Sie beißt sich fest, lässt dich nicht mehr schlafen und du hast das
Gefühl, dir das falsche Hobby ausgesucht zu haben. Gerade dann, wenn man keine
Zeit hat, mit dem Schreiben anzufangen, und die gesamte Story Nacht für Nacht
ein mentales Kapitel mehr bekommt.
Dann kommt das
Schreiben.
Die richtigen Worte müssen in der richtigen Reihenfolge
auf’s Papier, sonst stimmt nichts. Es kommt keine Stimmung auf, keine Spannung,
keine Action und die ganze Atmosphäre verliert einfach ihren Reiz. Die
Charaktere brauchen eine eigene Stimme, ohne, dass der Autor wie ein
grenzdebiler Irrer klingt, der nicht richtig schreiben kann.
Kapitel um Kapitel füllen die Seiten des Word (oder
andersgearteten) Dokuments und man sieht, wie die Wortzahl wächst und wächst.
Aber was sind Worte, ohne Charakter?
Die Charaktere sind
das Herzstück der Story.
Auf ihnen basiert so viel. Die Vergangenheit prägt sie. Das
Setting, mit dem ihr anfangt, hat einen Grund. Ihr habt diese Szene bewusst
gewählt, richtig? Weil sie etwas mir eurem Charakter zu tun hat, nehme ich an? Zumindest
ist es bei mir so. Ich kann nur für mich als Pantser sprechen, aber bei mir
entwickelt sich die Story mit den Charakteren. Klingt komisch, ist aber so. Ich
habe bereits gelesen, dass einige erst die Charaktere anlegen, dann die Welt und
irgendwie beides dann aufeinander zuschneiden. Ich habe meine Idee, der
Protagonist bekommt ein Geschlecht und einen Namen, der in meinen Ohren gut
klingt und irgendwie zur Story passt. Passt der Name zufällig zur Persönlichkeit
und/oder Berufung/Bestimmung des Charakters ist das sowas wie ein Bonus-Punkt,
den man beim Zocken sammeln kann. Sicher entwickeln sich gewisse Charakterzüge
vor dem kompletten Ausbau, so habe ich zum Beispiel immer eine grobe Idee, wie
mein Main Charakter sein soll, wie er spricht, wie er reagiert. Das Universum
spannt sich vor meinem inneren Auge auf und ich weiß, zu welcher Stelle ich
wann gehen will. Nur der Weg, der ist stets nicht ganz so klar.
Denn, anders als ein Plotter, der die Outlines seines Romans
von Anfang an durchplant und jeden Moment schier endlos durchdacht und dann an
die richtige Stelle geschoben hat, lebe ich in diesem ganzen Etwas und, wie im
echten Leben auch, weiß ich zu 89% der Zeit nicht, was genau dann und dann
passieren wird. Es passiert, wenn es so weit ist. Manchmal nehmen Charaktere
eine ganz andere Richtung an, als ich sie eigentlich zu Beginn hatte haben
wollen, aber das ist ok. Für mich ist das ok! Meine Story entwickelt sich mit
den Charakteren und andersherum.
Die lästige Recherche.
Das ist nur einer von vielen Punkten, die noch mit in all
das hineinspielen. Wie gesagt, ist da ein großer Unterschied zwischen Plottern
und Pantsern. Pantser neigen dazu, alles während des Schreibens, wenn sie es
brauchen, nachzuschlagen. Plotter wissen alles zu Beginn und schreiben
hinterher „nur noch“ ihre Story runter. Sicher, gibt es auch Menschen, die irgendwie
ein Teil von beidem sind, aber dennoch gibt es da diese kleinen, feinen
Unterschiede, die man nicht übersehen kann.
Aber wozu brauche ich Recherche? Diese unendlich lange,
zeitaufsaugende Tätigkeit. Ich kann doch immer noch sagen, es ist alles meiner
Fantasie entsprungen, richtig? Jaein. Ich persönlich bekomme Haarausfall und Kopfschmerzen,
wenn ich das höre. Vor allem, wenn man die Recherche außerhalb der Story,
sondern nur in der Form-Sache betrachtet. Ist die Grammatik auch deiner Fantasie
entsprungen, die du benutzt? Wohl kaum, wenn du auf Deutsch schreibst. Und ich
habe, vor allem in meiner Rolle als Beta und Korrektor, so einiges gesehen, bei
dem sich nicht nur die Haare aufstellen, sondern die Gehirnzellen freiwillig
sterben gehen. Und so verhält es sich auch mit der Recherche für die Story. Wer
zu faul ist, mal Google zu benutzen oder, für die ganz hartgesottenen, eine
richtige Bibliothek zu besuchen, der sollte drüber nachdenken, ob das Hobby
oder auch der „Traumberuf“ Autor wirklich was für ihn ist. Wir ziehen uns nicht
nur alles aus der Nase. Das geht auch gar nicht! Bei einem Krimi
draufloszuschreiben, ohne auch nur die geringste Ahnung, ob man von einem
Schuss in den Fuß stirbt oder ob man einen Kopfschuss überleben kann, und dann
aber zu behaupten, dass das alles so funktioniert, weil es eben ein Buch und
somit Fiktion ist, ist … ja, traurig.
Schreiben, ganze Bücher oder Kurzgeschichten zu schreiben,
ist nicht einfach nur: „Ach ich setz mich jetzt hin und guck mal, was bei
rumkommt.“ Sicher, gibt es Leser, die sich den Bullshit, der teilweise bei
solchen Autoren herumkommt, antun. Und ja, ich spreche wirklich von antun, denn
einiges davon ist wirklich kaum tragbar. Einige der Selfpublisher, die denken,
dass man so mal eben schnell an gut verdientes Geld kommen und somit den Ruf
anderer Selfpublisher damit herunterziehen, ist nur ein Beispiel davon. Die
Dame hinter fünfzig Stufen des Graus
ist in meinen Augen nur ein weiteres solcher Beispiele, wo das Wort Recherche
vor dem ersten Buchstaben im Dokument gestrichen worden ist. Es sind so
Kleinigkeiten und auch, wenn viele die Recherche hassen und als lästiges Übel
abtun, finde ich es interessant. Man lernt ja auch was für sich, nicht nur für
den Roman. Ich sehe es teilweise als eine Erweiterung des Allgemeinwissens. Auch,
wenn die Dinge außerhalb es Interessen- oder Fähigkeitsbereichs liegen, sollte
man es versuchen oder jemanden fragen, der damit vertraut ist. Ich spreche auch
(noch) kein Russisch, aber ich frage jemanden, ob er mir etwas übersetzen kann,
wenn ich es nicht allein herausfinde. Sprachen sind da ohnehin so eine ganz
eigene Sache. Oder Chemie – dann frage ich, weil ich die Möglichkeit habe,
einen Kommilitonen aus der Fakultät Naturwissenschaften. Habe ich eine Frage
zum Programmieren, frage ich einen Programmierer. Man muss nur wissen, wie und
wo man an Infos kommt, wenn die alleinige Suche auf Google nicht mehr
ausreicht. Und, ob man es glaubt oder nicht, auch Google und jedes noch so gute
Tutorial auf Youtube haben ihre Grenzen. Dabei ist Recherche, eine fundierte,
gute Recherche, das A und O in einer Story – zumindest ist das meine Ansicht. Vor
kurzem suchte ich, für einen Roman, eine kleine Pferdeart, die nicht unbedingt
direkt an ein Pony erinnert. Sicher, dass ich da keinen Hannoveraner hinstellen
kann und dem Leser dieses Pferd mit einem Stockmaß von 135 cm verkaufen kann.
Also frage ich jemanden, der sich mit Pferden auskennt, da ich nicht sicher
war, nach was ich bei Google suchen musste. Gerade für Fantasy, wenn man schon
keine mathematischen Formeln oder die Flugbahn des Uranus berechnen muss wie
z.B. in Scifi, ist so etwas wichtig. Tiere, Schmiedekunst, Schwerter, Bögen, Kleidung
– ich meine, gut, Fantasy = Eigene Welt = Eigene Regeln. Schon klar. Aber kein
Bauer trägt – in egal welchem Universum – teure Spinnenseide am Körper, das ist
unrealistisch. Also: Recherche ist wichtig!
Die Orthographie.
Das kann ich gar nicht oft genug betonen. Wenn man alles
andere für den Roman fertig hat. Die Welt, die Charaktere, das Setting, die
Geschehnisse etc.pp., und sich mit dem Schreiben herumquält, was ja nun einmal
so ziemlich den Rest des Ganzen ausmacht (70% der Zeit würde ich sagen), ist
die Grammatik und Orthographie so unglaublich wichtig! Es ist ungemein
anstrengend, hinterher all die Fehler zu korrigieren oder es macht einen
ungemein schlechten Eindruck, wenn man ein Manuskript einreicht oder es Kapitel
für Kapitel irgendwo postet, wenn da übermäßig Fehler drin sind. Interpunktion
ist da ein ganz beliebtes Thema – so Kommata und Punkte.
Die Nachbearbeitung
des Ganzen, wenn man irgendwann mal fertig ist.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass ich mit Recherche und
dem Schreiben in drei Monaten mit gut 500 Seiten ein Buch schreiben kann. Ganz
solide, würde ich sagen. Aber ist dafür auch alles richtig? Weiß ich nicht.
Ich habe mir irgendwann für meinen Scifi-Roman einen Verlaufsplan der Geschehnisse angelegt,
damit ich den Überblick behalte und meinen Roman hinterher auf Plotfehler
korrigieren kann. Aber das habe ich während des Schreibens gemacht – Pantser Angewohnheit,
Plotter machen das ja vor dem Schreiben. Ich gehe immer wieder während des
Schreibprozesses über meine Manuskripte, verbessere hier Tipp- oder reine
Grammatikfehler (Das Perfekt benutzt statt das Plusquamperfekt. Präsens statt
Präteritum. Wem statt wessen – solche Sachen eben) oder ich formuliere ganze
Passagen schon einmal um, damit sie zum Rest des Romans passen, ehe ich dann
weiterschreibe. So geht das bei mir immer und es erspart mir, um ehrlich zu
sein, dieses Dasitzen und das Manuskript anstarren, wenn man das ganze Ding
eigentlich fertig hat.
Tipp dafür von mir: Lasst es ein
paar Wochen liegen – 2 Wochen bis 6 Wochen – weil ihr dann eine gewisse Distanz
bekommt, um eure Fehler selbst besser zu sehen. Wenn man direkt nach dem
letzten Punkt auf der letzten Seite von vorn anfängt und korrigiert, neigt man
dazu, leicht vieles zu übersehen. Jetzt kommt bestimmt die Frage, warum machst
du’s dann während des Schreibens?
Ich finde selbst dann nicht alles. Aber so vermeide ich für
MICH, das soll nicht für alle gelten, dass ich hinterher mit dem gesamten Plot
selbst durcheinanderkomme. Denn, ich neige dazu, sehr komplizierte, verstrickte
und verschaltete Geschichten zu schreiben. In dem Sinne von: „Der Bruder des
Freundes meiner Schwester, davon der Nachbar hat die Freundin des Kassierers aus
dem Supermarkt an der Ecke dabei beobachtet…“ You get my point here. Und wenn
da nur irgendwas schiefgeht, stimmt nichts mehr. Aber da sich das bei mir immer
erst im Verlauf entwickelt, korrigiere ich eventuelle Löcher direkt im
Schreibprozess, um sie hinterher nicht einfach zu überlesen, weil ich mit
Formulierungen und Grammatik beschäftigt bin. Ich denke, das macht Sinn.
Fassen wir also
zusammen.
Das Schreiben eines Romans ist nicht nur einfach „Ich setz
mich mal für ein paar Tage hin und zack, das Ding ist fertig.“
Es ist so viel mehr. Es ist eine emotionale Bindung, die mit
dem letzten Wort abreißt und man sich mit einer Tempobox vor die Heizung hockt
und heult. Jeder Autor, der das, was er tut, mit LIEBE tut, steckt immer ein
bisschen seiner Seele in jedes Projekt, das er mit Herzblut schreibt und
beendet. Es ist nicht einfach nur in die Tasten hauen. Es ist Arbeit! Man sitzt
dabei zwar vorzugsweise an einem bequemen Ort mit guter Musik und
Tee/Kaffee/Wein, aber das heißt noch lange nicht, dass es nicht auch Zeit
kostet, dass es Nerven kostet, dass man verzweifelt und alles hinwerfen will.
Wenn ich überlege, wie viele Stunden ich für den
Sci-Fi-Roman gebraucht habe. In den Semesterferien, jeden Tag im Durchschnitt
5-6 Stunden, manchmal mehr, manchmal weniger. Und das über gut ja, Pi mal
Daumen, 60 Tage, denn ich schreibe jeden Tag und sei es nur ein Blogeintrag. Das
ist quasi ein Vollzeitjob. Autor ist man nicht, weil man es sich ausgesucht
hat. Vielleicht zu einem gewissen Grad, ja, aber dieses Hobby ist mehr eine Bestimmung
für diejenigen, die nicht ohne das geschriebene Wort können.
Sicher, ich spreche hier gerade nur über Roman/Kurzgeschichtenautoren,
da ich keine Ahnung von Lyrikern/Poeten habe oder all den anderen, wundervollen
Textsorten die es dort draußen noch so gibt. Aber diese Kunst findet einen. Sie
kommt zu einem, indem sie einem Bilder und Ereignisse, Träume und Wünsche in
den Kopf setzt, die man nicht mehr loswird und man muss, man ist gezwungen, diese
Wünsche und Träume in den Kopf einer anderen, fiktiven Person zu stecken, um
sie endlich loszuwerden.
Romanarbeit ist nicht einfach nur Schreiben. Und das sollten
die meisten mal in ihre Rübe bekommen. Genauso wenig ist Gärtnern einfach nur
eine Blume in den Boden rammen und hoffen. Genauso wenig sind Studenten faule
Schweine, die ihr gechilltes Leben mit BaFög finanzieren oder den Eltern auf
der Tasche liegen. Diese ganzen Vorurteile halten sich leider hartnäckig.
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