Heute will ich mal über ein Thema schreiben, das
mich seit einiger Zeit beschäftigt. Und zwar handelt es sich um das Outlinen,
das „Vorploten“, einer Geschichte.
Viele Autoren sagen stets, man kann ohne ein
Outline keinen Roman schreiben. Ich sage, dass
man es eben doch kann. Denn, ich schreibe seit neun Jahren
meine Geschichten ohne sie vorzuplanen.
Das Problem mit dem Outlinen ist für mich, dass ich
die Geschichte somit komplett durchplanen muss. Vom Prolog bis zum Epilog. Und
gerade das fällt mir sehr schwer. Ich habe es versucht. Ich habe mich
hingesetzt und habe Chroniken der Magier Band 1 komplett
durchgeplottet, nachdem ich ein paar Probleme hatte, am Kapitel 6
weiterzuschreiben. Also habe ich Stunden damit zugebracht, mir zu überlegen,
wie ich die Geschichte weiterführen möchte und habe alles aufgeschrieben.
Stichpunktartig bis zum Schluss. Aber als ich den Schreibprozess dann
wiederaufnahm, bemerkte ich, wie sehr ich von der Geschichte gelangweilt war.
Ich wusste genau, was wann und warum passiert. Ich
versuchte die Punkte auf meiner Liste mit Worten auszukleiden und habe beinahe
einen Anfall bekommen, weil das alles so gar nicht … funktionierte. Da waren
Worte, die den jeweiligen Punkt umfassten, ihn auspolsterten und ihn zum „Leben
erweckten“, aber es fühlte sich nicht richtig an. Es las sich scheiße und es
fühlte sich auch scheiße an.
Also behielt ich lediglich ein paar Elemente aus
meinem Outline bei, nutzte ein paar der Charakternamen und -eigenschaften, die
ich während des Outlinens herausgesucht und aufgeschrieben hatte und schrieb
die Story wieder völlig im Freestyle.
Andere Autoren behaupten, dass einem die
Struktur in der Story fehlt.
Nein, das tut sie nicht. Man macht sich immerhin
auch während des Schreibens Gedanken über das, was man da eben schreibt. Und
ich für meinen Teil, liege nachts im Bett und denke über die nächsten Schritte nach.
Oder ich starre aus dem Zugfenster und überlege mir da, wie es weitergehen
kann. Ich schreibe die Geschichte Wort für Wort in meinen Gedanken vor, kann
dann und wann Dinge streichen oder ersetzen und selbst während des Schreibens
an sich ändern sich teilweise ganze Kapitel grundlegend, weil die Grundidee
ausgebaut oder ein wenig in andere Bahnen gelenkt wurde.
Andere Autoren behaupten, man würde kein Ende
finden.
Meiner Meinung nach liegt das Problem mit dem „Ich
finde kein Ende“ eher darin, dass man von Anfang an nicht wusste, wohin man
will. Ich habe zu Beginn einen ersten Satz, den ich aufschreibe und von dem
dann das ganze erste Manuskript entsteht. Und irgendwann im Laufe der ersten
Kapitel weiß ich ungefähr, wohin ich will. Wie das dann natürlich aussieht, das
kann ich nie genau sagen.
Charaktere soll man vorher entwickeln.
Nö, klappt bei mir auch nicht. Ist genauso wie mit
dem kompletten Outline vor Schreibbeginn. Ich kann so einfach nicht arbeiten!
Meine MCs für Chroniken der Magier bekamen erst
während der Geschichte einen Namen. Meinen Hofmagier nannte ich zwei Mal um,
weil sein Name nicht zu ihm und seiner Erscheinung passte – es fühlte sich
nicht richtig an. Ich weiß genau, wer meine MCs werden sollen; ich
weiß genau, wie sie aussehen sollen, aber wie sie heißen, das entscheidet sich
meistens nicht vor Antritt der Story. Oftmals habe ich schon Namen im Kopf, die
zu der und der Person passen könnten, aber final ist es immer erst, wenn ich
den Namen auch wirklich aufschreiben muss, um die Person „zu taufen“.
Und jetzt zurück zum Thema Outline.
Wenn ich mein Manuskript komplett von A nach Z
geschrieben habe und das letzte Wort quasi trocken ist, lasse ich das Ding
erstmal so zwei Tage bis vier Wochen liegen – je nachdem wie viel Abstand ich
brauche und wie meine Launen gerade sind.
Danach nehme ich mir ein leeres Papier zur Hand –
ja, wirklich Papier und Stift! Und dann gehe ich durch das Manuskript. Ich
schreibe mir auf, an welchem Punkt ich beginne, ich schreibe mir auf, wie es
weitergeht. In welchem Kapitel passiert was an welchem Tag? Wie lange ist eine
Person an einem Ort? Wie lange braucht man von Ort A nach Ort B? Wieviel Zeit
vergeht zwischen den einzelnen Handlungen. Ich erstelle eine Tabelle, in der
das detailliert aufgeschrieben wird.
Danach trage ich das in ein Word Dokument ein, um
Plotholes hinterher zu füllen. Danach gehe ich noch mal über das Manuskript,
nutze die Kommentarfunktion, die Word anbietet und mache mir an jedem Punkt,
der wichtig ist oder an dem es Probleme gibt, einen Vermerk. Und wenn das getan
ist, kopiere ich das alles in ein neues Dokument, das den Titel und den Zusatz
„2nd Draft“ bekommt. Danach kommt Farbe ins Spiel - Lila. Formulierungen werden
geändert, ganze Sätze gestrichen oder neugeschrieben, ganze Passagen müssen
gehen und werden ersetzt. Charaktereigenschaften werden angepasst, das Aussehen
wird angepasst, charaktereigene Sprechweisen werden eventuell herausgearbeitet
und das Problem mit dem „OOC“ oder „IC“ wird überprüft und korrigiert. Der 2nd
Draft geht zum Betaleser.
Betaleser gibt mir das ganze Ding zurück. Es geht
in ein neues Dokument: Titel + den Zusatz „3rd Draft“. Betas Anmerkungen werden
mit Rot in den Text eingearbeitet. Dann gehe ich das ganze Ding von oben bis
unten noch einmal durch. Farbe – hellblau. Passage für Passage wird mit dem,
was ich in meine Tabelle eingetragen habe, abgeglichen und evtl. angepasst.
Formulierungen werden nochmals geändert. Szenerien erhalten evtl. eine
detailliertere Ausarbeitung.
Dann geht’s noch mal dran – diesmal mit Orange.
Fokus: Emotionen, Gefühle – das ganze Setting wird angepasst, um die richtige
Stimmung zu bekommen.
Dann färbe ich es in einem vierten Dokument alles
in Schwarz ein und gebe es erneut an meinen Beta – der eine nahezu komplett
neue Version von dem bekommt, was er wahrscheinlich vor 2-4 Wochen bzw. Monaten
gelesen hat.
Das mag alles sehr, sehr kompliziert und
arbeitsintensiv klingen und sicherlich werden einige auch denken: Das hätte man
mit einem vorherigen Outline verhindern können!
Nein, für mich nicht. Ich kann mit diesem Outline
nichts anfangen. Ich kann damit nicht arbeiten. Es geht einfach nicht. Immerhin
ist es nicht das erste Mal, dass ich versuchte, so zu arbeiten. Die ersten
Geschichten, bei denen ich mit einem vorherigen Outline gearbeitet habe,
existieren bereits nicht mehr, weil ich ihnen so überdrüssig geworden bin, dass
ich selbst den Arbeitstitel nicht mehr sehen konnte, ohne einen halben Anfall
zu bekommen.
Vielleicht ist diese Arbeitsweise für einige nicht
nachvollziehbar, aber es fällt mir so viel einfacher, nach meinem
Freestylesystem zu arbeiten als nach einer vorgeploteten Idee, die hinterher
nur noch nervig ist. Und im Grunde schreibe ich ja nicht planlos drauflos. Die
ersten paar Seiten mag es so sein, aber sobald die Idee „Fuß gefasst“ hat, wird
jeden Abend vor dem Schlafen gehen oder auf dem Weg zur Uni „geoutlined“. Nur,
dass das Outline nicht so „fix“ ist, wie es eines auf einer Pinnwand wäre. Ich
habe die Handlung im Kopf, nur nicht von A bis Z, sondern immer
abschnittsweise. Ich weiß, was über gut drei Kapitel hinweg passieren soll,
danach geht die gedankliche Planung weiter.
Und selbst, wenn es nach viel Arbeit aussehen mag,
liegt es auch eher in meiner perfektionistischen Art und Weise, gerade was
meine Originale angeht, so oft über einen Text zu gehen. Ihr wollt nicht
wissen, wie viele schwarze Worte in einem Manuskript zu finden sind. In meiner
aktuellen Liebesromanze sind es nicht einmal mehr 200 Seiten von aktuell 300,
die schwarz sind. Einem schreit das Lila, das Blau, das Orange an, sobald ich
das Dokument öffne. Aber es hilft mir einfach unglaublich, so zu arbeiten.
Und was sagte George R.R. Martin?
Es gibt Architekten und Gärtner unter den Autoren.
Der Architekt plant alles akribisch vor, will wissen, wann wo und warum
platziert werden muss, während der Gärtner zwar auch plant, aber hinterher
nicht weiß, was dabei rauskommt, wenn er erst einmal etwas gepflanzt hat.
Martin bezeichnet sich selbst als eine Art Mix
zwischen beiden „Arten“. Ich hingegen bin der Vollblutgärtner, der weiß wohin
er will, aber nicht weiß, auf welchem Wege und vor allem wie es
hinterher wirklich aussehen wird.
Jeder ist anders und für mich funktioniert diese
Art des Schreibens einfach nicht. Ich brauche ein bisschen Überraschung in alle
dem.
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